Sportsoldat Jannik de Bruyn war in Frankreich und das Turnier der Challenge Tour stand auf seinem Programm, als ihn der Anruf erreichte, dass er auf der DP World Tour ins Feld der Italian Open gerutscht war.
Sachen gepackt, Flieger gebucht und ab dafür.
Die Voraussetzungen waren also eigentlich alles andere als gut, denn eine strukturierte Vorbereitung auf den Platz des Adriatic Golf Club Cervia in Ravenna war nicht mehr möglich.
Als ob es das Natürlichste der Welt wäre, startete der Spieler, der in der 1. Bundesliga der Deutschen Golf Liga für den GC Hösel spielt, dennoch mit zwei 67er (-5) Runden. Der spätere Sieger Marcel Siem lag da mit 68 und 69 Schlägen noch hinter dem Youngster des National Team Germany, der als „Held von Hilversum“ Mitglied der Mannschaft war, die als bisher einziges bei einer Team-EM der Herren den Titel gewinnen konnte.
Am Moving Day verlor Jannik de Bruyn mit einer 72 einiges an Boden, zeigte am Finaltag dann aber eine grandiose Leistung und lag nach seinem fünften Birdie, gespielt auf Loch 13, bei vier unter Par und war wieder ganz vorne im Rennen um dem Titel dabei.
Das Bogey auf Loch 14 hätte die Hoffnungen auf den ersten Titel noch am Leben erhalten, aber ein Schlag ins Wasser links der Bahn führte auf der 72. und allerletzten Bahn des Turniers zu einem weiteren Bogey. Mit der 69 kletterte der 24-Jährige zwar letztlich um sechs Plätze, verpasste auf Rang drei aber das Stechen um den Sieg um einen Schlag.
Der dritte Platz ist dennoch das bislang beste Ergebnis des Rheinländers auf der DP World Tour und lässt den aus Mönchengladbach stammenden Athleten in die Top 100 der Order of Merit springen.
Emotionen pur
19 Jahre älter und durch unzählige emotionale Momente auf den Touren der Welt gestählt, hat sich Marcel Siem seinen sechsen Sieg gesichert.
In der Finalrunde der Italian Open sprach der Routinier in einem kurzen On-Course-Interview über die veränderten Platzbedingungen. Der Wind war stärker geworden und hatte eine andere Richtung bekommen. Der Athlet, der für den Düsseldorfer GC in der Deutschen Golf Liga spielen dürfte, inzwischen aber auf Mauritius lebt, hatte die ersten neun Löchern mehr als solide gespielt. Sechs Pars und drei Birdies brachten ihm nach der Front Nine die Führung mit 13 unter Par.
Auf den schwierigeren Back Nine unterliefen dem Routinier jedoch mehr Fehler. Nach vier Bogeys von Loch 11 bis 17 wuchs beim Verfolger Tom McKibbin die Hoffnung auf einen großen Sieg. Der Nordire war von Platz 35 in den Finaltag gestartet, hatte eine blitzsaubere 65 (-6) vorgelegt und betrachtete im Clubhaus als Leader das Geschehen. Das nordirische Top-Talent schlenderte, als Marcel Siem noch auf der Back Nine kämpfte, zur Driving Range, um sich auf ein mögliches Stechen vorzubereiten.
Als Siem auf der 17 das Up-and-Down verfehlte, lag McKibbin bei zehn unter Par sogar alleine an der Spitze. Aber Siem wäre nicht da, wo er ist, hätte er nicht das Kämpferherz im Gepäck. Auf dem 18. Grün lag sein Ball rund sechs Meter vom Loch entfernt und nur ein Birdie würde reichen, um das Stechen zu erzwingen. Siem und seine Fans jubelten, als der Putt tatsächlich zum Birdie fiel.
Stechen
Nach einer kurzen Pause kehrten beide Spieler zum 18. Abschlag zurück. Siem und sein wesentlich jüngerer Gegner, der in dieser Saison bei 14 Starts nur einen Cut verpasst hatte, trafen das Fairway, wobei McKibbins Ball näher am Grün lag. Beide Spieler legten ihre Annäherungsschläge dicht an den Stock. Der Nordire puttete zuerst aus etwa drei Metern und verfehlte. Siem hatte dann aus zwei Metern die Gelegenheit, seinen sechsten Sieg auf der Tour perfekt zu machen – und traf.
Der Rest war Jubel bei dem Spieler, der in seiner Jugend auch in den Kadern des Golfverbandes NRW gefördert wurde.
„Der Putt auf Bahn 18 war einer der besten Momente meiner Karriere. Dass ich dann noch den Sieg holen konnte, macht es umso schöner. Ich muss meinem Team danken, es pusht mich nach vorne und glaubt an mich. Ich liebe diesen Sport und ich liebe es, hart für den Erfolg zu arbeiten“, sprudelte es später dankbar aus dem Sieger heraus.
Bei seinem erst vierten Start nach der Hüftoperation zeigte Marcel Siem, dass mit ihm weiterhin zu rechnen ist.
Nach zwei verpassten Cuts zeigte der 43-Jährige schon beim Scandinavian Mixed aufsteigende Form. Dass es aber so schnell zum Sieg reichen würde, hätte wohl niemand erwartet. Umso höher ist die Leistung von Marcel Siem einzustufen.
Nicolai von Dellingshausen machte die herausragend gute Bilanz der Athleten aus NRW perfekt. Der Hubbelrather landete nach Runden mit 68, 70, 71 und 69 Schlägen auf einem guten 22.Platz. Drei Athleten aus NRW bei einem Turnier der DP World Tour unter den besten 22 Spielern, ist überragend und sollte für die Jugendlichen zwischen Eifel und Solling Ansporn sein, den erfolgreichen Athleten nachzueifern.